Die hier zur Verfügung gestellten Kapitel entstammen der unlektorierten Manuskriptsammlung zu meinem 2008 bei Edition PaperOne erschienenen Buch "Verführung zu einem Blind Date". Blinden und hochgradig sehbehinderten Besuchern meiner Homepage diente die elektronische Version dank Sprachausgabe oder Braillezeile bislang als barrierefreier Zugang zum Buchinhalt. Da die Printausgabe mittlerweile vergriffen ist, sind natürlich auch normalsichtige Gäste herzlich eingeladen, die folgenden Links zu besuchen. Wer Hörbücher mag, dem sei das Daisybuch zu "Verführung zu einem Blind Date" empfohlen (siehe Link "Meine Bücher").
Da die Entstehungsphase des Buches bereits einige Jahre zurückliegt, möchte ich dieses nicht als aktuellen Ratgeber verstanden wissen, sondern viel mehr als dokumentierte Bewältigungsstrategie der damaligen Zeit, die sich in verschiedenen Phasen vollzog. Nicht nur die blindenspezifische Hilfsmitteltechnik, auch meine eigene Behinderungsverarbeitung unterliegt einer stetigen Weiterentwicklung und lässt mich zunehmend kompetenter im Umgang mit dem eigenen Handicap werden.
Mit "Verführung zu einem Blind Date" beantworte ich die am häufigsten gestellten Fragen, welche bezüglich des Erblindungsprozesses von Sehenden an mich herangetragen wurden. Da ich selbst sehend war und erst im Erwachsenenalter erblindete, kenne ich die Besonderheiten beider Wahrnehmungswelten. Ich verstehe mich heute als Mittlerin zwischen diesen Welten, kann ich doch meine Erkenntnisse aus der einen hilfreich in die jeweils andere transportieren.
Es ist mir wichtig, typische Kommunikationshürden wie Unwissenheit, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen und Handlungskompetenzen zu stärken, denn sozialer Umgang bedeutet nicht, einander sozial zu umgehen. Dabei sollen meine Ausführungen einzig als Ideen fungieren und keinesfalls als Weisheit letzter Schluss empfunden werden. Auch maße ich mir nicht an, Sprachrohr für sämtliche erblindete Menschen zu sein, befinde mich jedoch aufgrund meines sozialpädagogischen Auftrages in ständigem Austausch mit anderen Betroffenen.
Blinde Menschen sind anders, sehende auch. Das Leben ist so vielfältig wie die Perspektiven, aus denen man es betrachtet und dabei bedingen die unterschiedlichen Sichtweisen die Definition von Wirklichkeit.
Jennifer Sonntag
2011
Fotografin: Agy Reschka